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Artikel-Nr. 12789
Lodovico Ughi, der Autor oder Kartograf der Karte, bleibt eine schwer fassbare historische Figur, über die nur wenige Informationen vorliegen. Er bezeichnete sich selbst als "Kavalier", was auf seinen Status als Cavaliere oder Ritter des Ordine di San Marco hinweist. Einige Quellen legen nahe, dass Ughi aus Bologna oder Ferrara stammte, doch diese Angaben bleiben unbestätigt. Was jedoch die Geschichte überdauert hat, ist sein bleibendes Vermächtnis als Schöpfer der epochalen Wandkarte von 1729.
Ughis Karte von Venedig ist eine der größten Karten von Venedig, die je veröffentlicht wurden, und die erste Karte der Stadt, die auf genauen Feldaufnahmen beruht. Mit einer Breite von mehr als 2 Metern ist die Karte mit 16 Vignetten geschmückt, die von Francesco Zucchi nach Luca Carlevarijs (1663-1730) gestochen wurden. Diese Ansichten flankieren die Karte und zeigen bezaubernde Ansichten der Stadt. Unterhalb der Karte werden in acht Spalten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Bauwerke der Stadt beschrieben.
Die topografische Karte von Venedig von Lodovico Ughi stellt einen Schlüsselmoment in der Geschichte der venezianischen Kartografie dar. Traditionell neigten die venezianischen Kartographen dazu, ihre Arbeiten gegenseitig zu kopieren, was dazu führte, dass die visuelle Darstellung der Stadt im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert wurde. Allerdings gab es zwei bemerkenswerte Ausnahmen: Jacopo de Barbaris bemerkenswerte Vogelperspektive von Venedig, gedruckt im Jahr 1500, und Ughis Karte von 1729. Diese beiden Karten sind nicht nur die größten gedruckten Karten von Venedig, sondern dienten auch als Vorbilder für alle späteren Darstellungen der Stadt.
Die Vogelperspektive von De Barbari bot eine einzigartige Perspektive, da sie die Stadt aus einem hohen schrägen Winkel zeigte. Auf diese Weise konnten die Kartographen die vertikalen Dimensionen von Gebäuden und architektonischen Merkmalen vermitteln und gleichzeitig eine horizontale Perspektive beibehalten, indem sie die Perspektive geschickt einsetzten, anstatt sich streng an den tatsächlichen Maßstab zu halten. Das Hauptziel bestand darin, den Betrachter durch die künstlerische Leistung zu beeindrucken.
Mit den Fortschritten in Wissenschaft und Technik im 18. Jahrhundert übernahmen die Stadtkartographen genauere und funktionellere Vermessungs- und Messtechniken. In den 1730er Jahren genügte die Vogelperspektive nicht mehr den Ansprüchen der Stadtvermesser an die Genauigkeit. Stattdessen wendeten sie sich der topografischen Karte zu - einem weniger kunstvollen, aber präziseren Grundriss.
Die Ughi-Karte markiert einen bedeutenden Wandel in der venezianischen Kartografie, denn sie ist die erste und größte topografische Karte Venedigs, die auf akribischen Feldaufnahmen und nicht auf der Beobachtung und Nachbildung bestehender Karten beruht. Sie wurde im Laufe des Jahrhunderts noch zweimal neu aufgelegt und blieb bis zum Untergang der Republik im Jahr 1797 die grundlegende Referenz für alle nachfolgenden topografischen Darstellungen Venedigs. Durch verschiedene Kopien und Anpassungen dominierte sie das venezianische Kartenwerk bis weit ins neunzehnte Jahrhundert hinein.
Bilder auf Karten sind von großer Bedeutung, da sie nicht nur geografische Informationen vermitteln, sondern auch eine visuelle Darstellung der Größe, des Reichtums und der vielschichtigen Bedeutung einer Stadt bieten, die politische, kommerzielle und militärische Aspekte umfasst.
In der Zeit, in der die Ughi-Karte entstand, hatte Venedig seine Unabhängigkeit als Republik fast ein Jahrtausend lang bewahrt. Während eines Großteils dieser Geschichte war Venedig eine beherrschende Kraft im Mittelmeerraum und diente als wichtiger Kreuzungspunkt zwischen Ost und West. Es war bekannt als das reichste und wohlhabendste Handelszentrum der zivilisierten Welt. Dieser historische Kontext spiegelt, wie Jan Morris wortgewandt darlegt, Venedigs bemerkenswertes Vertrauen in seine Beständigkeit wider, gepaart mit seinem Gespür für Zeremonien und effektive Selbstdarstellung.
Die Ughi-Karte dient im Wesentlichen als Werbung für die Stadt Venedig und hebt ihre Schönheit, ihre militärischen Fähigkeiten und ihren Wohlstand hervor. Schon der Titel der Karte, "Iconografica Reppresentazione della Inclita Citta di Venezia al Reggio Serenissimo Domino Veneto" (Topographische Darstellung der glorreichen Stadt Venedig, eingeweiht unter der Herrschaft des Durchlauchtigsten Venetianers), unterstreicht ihre Werbeabsicht. Um den Kartenteil herum sind sechzehn exquisite Ansichten von Venedig abgebildet, die das Fehlen der für Karten aus der Vogelperspektive charakteristischen Darstellungen berühmter Wahrzeichen, Attraktionen und Festungen ausgleichen. Diese Ansichten vermitteln die Anziehungskraft, den Reichtum und die militärische Stärke Venedigs.
Unten links, in der Nähe des Morosini-Schildes, sind Putten abgebildet, die Fahnen, Piken und Stäbe halten, die triumphale Elemente des Krieges symbolisieren. Dies verweist auf Francesco Morosini, den letzten kriegerischen Dogen, der die Venezianer während des Krieges um Candia oder Kreta im Kampf gegen die Türken anführte. Nach 465 Jahren venezianischer Besatzung ging Candia 1669 an die Türken verloren. Die zweiundzwanzig Jahre dauernde Belagerung von Candia war ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte Venedigs, da es die Stadt allein gegen die türkischen Angriffe auf Westeuropa verteidigte.
Oben rechts auf der Karte ist eine allegorische Darstellung Venedigs zu sehen, die symbolisch auf dem Meer segelt, gezogen von Delphinen, Meerestieren und Gottheiten. Der Markuslöwe zu ihren Füßen steht für die Verbindung Venedigs mit der Königin des Meeres und für den Reichtum, der sich aus den maritimen Unternehmungen ergibt. Der Heilige Markus, der Schutzpatron Venedigs, unterstreicht diese Verbindung zur Seefahrt.
In der oberen linken Ecke ist eine Windrose abgebildet, wobei jede Windrichtung durch den Kopf einer Putte personifiziert wird. Die acht Haupthimmelsrichtungen sind für eine Stadt, die auf den Seehandel angewiesen ist, von besonderer Bedeutung.
In der Kartusche unten rechts befindet sich eine Widmung von Lodovico Ughi an Alvise Mocenigo, den Dogen von 1729. Ughi preist Venedig als glorreiche Stadt, gesegnet von der Jungfrau Maria, als göttliches Wesen, als Königin der Adria, weltweit anerkannt für ihre Gerechtigkeit, gefürchtet von ihren Gegnern und verteidigt von ihren engagierten Söhnen, die ihr Leben geopfert haben. Diese Widmung spiegelt die tiefe Verehrung und Loyalität gegenüber Venedig zu jener Zeit wider.
Aufgrund des großen Maßstabs der Karte sind die Ortsnamen direkt in die Karte eingearbeitet, so dass keine Referenzbuchstaben oder -nummern erforderlich sind. Zur Unterscheidung der städtischen Elemente sind die Straßen mit parallelen Linien dargestellt, die religiösen Gebäude mit engeren parallelen Linien und Buchstaben, und die Flüsse und Kanäle werden durch Wellenlinien dargestellt. Die städtischen Gebäude sind in Weiß gehalten, um Klarheit und Lesbarkeit zu gewährleisten.
Die Einführung des Buchdrucks stellte eine bedeutende Entwicklung auf dem Gebiet der Kartografie dar, und die Venezianer machten sich diese Technologie schnell für die Kartenproduktion zunutze. Da Venedig ein lebhaftes Handelszentrum war, erhielt es einen ständigen Strom kartografischer Informationen aus verschiedenen Teilen der Welt. Die produzierten Karten dienten nicht nur dem Bedarf der venezianischen Außenposten, sondern erfüllten auch die Anforderungen von Reisenden, Gelehrten und Personen in leitenden Positionen und militärischer Autorität. Jahrhunderte lang hatte Venedig die idealen Voraussetzungen für einen florierenden Druckereimarkt geschaffen. Erfahrene Graveure und Buchillustratoren waren sehr aktiv und produzierten eine große Anzahl von Drucken. Drucke hatten den Vorteil, dass sie leicht zu transportieren, zu handhaben und zu exportieren waren, was sie zu einer begehrten Ware machte.
Die gedruckte Ughi-Karte war in der venezianischen Kultur des achtzehnten Jahrhunderts von großer Bedeutung. Die Verleger, Kupferstecher und Künstler, die an ihrer Herstellung beteiligt waren, gehörten zu den talentiertesten und produktivsten Persönlichkeiten ihrer Zeit.
Der ursprüngliche Herausgeber der Karte, Giuseppe Baroni, gehörte zu einer Gruppe von sechs venezianischen Druckern und Kaufleuten, die 1718 eine Gilde von Kupferstechern namens L'Arte degli Incisori gründeten. Ziel dieser Gilde war es, die Qualität des Kupferstichs als Kunstform zu regeln, und sie bemühte sich um Exklusivrechte für seine Herstellung. Baronis Werkstatt, oder bottega, befand sich auf dem Campo S. Zulian in der Nähe des Markusplatzes, wo eine große Anzahl von Druckern tätig war.
Auch wenn die stilistischen Anzeichen nicht eindeutig sind, so deuten sie doch darauf hin, dass Francesco Zucchi der Kupferstecher war, der für die sechzehn Venedig-Ansichten verantwortlich ist, die die Ughi-Karte flankieren. Zucchi, ein Mitglied von Baronis Zunft, war ein produktiver Buchillustrator. Die raffinierten Drucke dieser Ansichten wurden direkt aus Luca Carlevarijs berühmtem Werk Fabriche e Vedute di Venetia übernommen, das 1703 veröffentlicht wurde. Carlevarij war einer der berühmten Vedutisti oder Ansichtsmaler Venedigs.
Jüngste Studien haben eine bedeutende Entdeckung im Zusammenhang mit der Ughi-Karte erbracht. Eine exquisite Zeichnung mit dem Titel Venezia Trionfonte, die dem angesehenen venezianischen Maler Sebastiano Ricci (1659-1734) zugeschrieben wird, ist ans Licht gekommen. Diese Zeichnung kann nun eindeutig als vorbereitende Vorlage für die allegorischen Figuren im oberen rechten Teil der Ughi-Karte identifiziert werden. Die Zeichnung befindet sich im Album Nr. 56, einem Teil der Bibliothekssammlung von Anton Maria Zanetti, die in der Galerie Academia in Venedig aufbewahrt wird. Anton Maria Zanetti war nicht nur ein Freund von Sebastiano Ricci, sondern auch ein Mäzen sowohl von Sebastiano als auch von Marco Ricci. Diese neu entdeckte Zeichnung bietet wertvolle Einblicke in den künstlerischen Prozess und die gemeinsamen Bemühungen, die zur Entstehung der Ughi-Karte beitrugen. Sebastiano Riccis Venezia Trionfonte ist ein wichtiges Bindeglied zwischen der Welt der Malerei und der Kartografie, das die Verflechtung der künstlerischen Disziplinen in dieser Zeit beleuchtet und unser Verständnis der Ikonografie und der kulturellen Bedeutung der Karte verbessert.
Nach Baronis Tod gehörten die Kupferplatten, die für die Ughi-Karte verwendet wurden, zu den im Inventar seiner Werkstatt aufgeführten Gütern. Lodovico Furlanetto, der zweite Verleger der Karte, erwarb diese Platten, als er das gesamte Inventar aus Baronis Nachlass übernahm. Furlanetto druckte die Karte mindestens sechs Jahrzehnte lang weiter, wobei sein eigener Name den von Baroni in der rechten unteren Ecke ersetzte.
Die Ughi-Karte war dafür bestimmt, auf Leinen aufgezogen an eine Wand gehängt zu werden. Eine an einer Wand hängende Karte wird nicht lange in einem guten Zustand erhalten bleiben, es sei denn, sie wird auf die schonendste Weise aufbewahrt und behandelt. Die Befestigungen reißen ein, der Kleber zwischen Papier und Auflage versagt und die Materialien werden durch Umwelt, Insekten, Handhabung und gerollte Lagerung brüchig und beschädigt. So haben lediglich wenige Exemplare dieser monumentalen Wandkarte von Venedig die Zeiten überdauert.
Wir konnten Exemplare der großen Ughi Venedikarte in folgenden Bibliotheken und öffentlichen Samlungen nachweisen: Bibliothèque Nationale de France; Houghton Library, Harvard; Washington, D.C. (ohne Randleisten); Zentralbibliothek Zurich (ohne Randleisten); Leiden University Library; Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Museo Correr, Venedig; The Royal Collection, London; Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz; Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig. Bei Sotheby's in London wurde 2009 (Sale L09774) ein Exemplar für GBP 16.250 und ein weiteres 2017 (Sale L17401) für GBP 12.500 verkauft. Bei Christies in London (Auktion 7164) im Jahr 2005 für 8.500 GBP ohne die 16 seitlichen Ansichten und ein weiteres Exemplar bei Christies (1999 Auktion 6111, ebenfalls ohne die 16 Ansichten) für 12.075 GBP.
Kartograph | Lodovico Ughi |
Titel | Iconografica Rappresentatione della Inclita Città di Venezia Consacrata al Reggio Serenissimo Domino Veneto |
Verlag, Jahr | Lodovico Furlanetto, Venedig, 1729 [1739] |
Bildgröße | 145.7 x 201.6 cm |
Blattgröße | 154.5 x 206.5 cm |
Referenz | Susan Filter, Historic Intent: Lodovico Ughi's Topographical Map of Venice; A Large Wall Map as an Historic Document, a Work of Art, and a Material Artifact, The Book and Paper Group Annual 13 (1994); Schultz, J.: The Printed Plans and Panoramic Views of Venice (1486-1797), No. 117; |
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